Der Spätwinter ist für die Bienen eine besondere Herausforderung:

  1. Die Vorräte aus dem vorigen Spätsommer sind, sofern der Imker gut eingefüttert hat, noch ausreichend. Bei den stärkeren Völkern kann es aber sein, dass über  den Winter die Aktivität in den Bienenstöcken schon frühzeitig wieder stärker eingesetzt hat und die Bienen viel mehr Futter verbraucht haben, als es üblich ist. Dann ist höchste Aufmerksamkeit geboten und natürlich sind Maßnahmen angesagt, d.h., eine Fütterung im späten Winter (Februar, März) muss vorgenommen werden. Dazu wird Futterteig – eine teigartige Masse aus Zucker und wenig Wasser – wie ein Kuchenteig auf die oberen Rahmenträger über den Bienensitz aufgelegt. Die von den Bienen erzeugte Wärme und Feuchtigkeit erwärmt dann den Teig und feuchtet diesen an, so dass die Bienen das Futter aufnehmen können.
  2. Auch wenn genug Futter in den Waben vorhanden ist, bleibt diese Periode für ein Bienenvolk sehr herausfordernd. Die alten Bienen aus dem Sept. bis November des Vorjahres müssen jetzt dafür sorgen, dass neue Brut entsteht, die sie selbst ersetzen soll. Dazu muss die Königin mit eiweißreicher Nahrung gefüttert werden, so dass sie in Eilage gehen kann. Das Eiweiß stammt üblicherweise aus Pollen, den die Bienen aber im Februar / März nur spärlich sammeln können. Schon ab 7 bis 8 °C fliegen sie aus und holen Wasser und Pollen, z.B. von der Haselnuss, von Christrosen und frühblühenden Krokussen, der Zaubernuss und den Kornelkirschen. Ist es jedoch zu kalt (< 5 °C) können die Bienen nicht ausfliegen und müssen vom „Eingemachten“ leben. Dazu bedienen sie sich aus ihrem Fettkörper, einem Speicherorgan im Hinterleib der Bienen (ähnlich der menschl. Leber), von wo sie Eiweiß abzweigen können, um einerseits die Königin so zu füttern, dass sie in Eilage geht und andererseits die neu schlüpfenden Larven adäquat versorgen zu können. Jeder wärmere Tag im März wird für die Pollensammlung genutzt – das Eiweiß ist ein knappes Gut in der Natur! Die alten Bienen sterben langsam ab – man sieht sie vor der jeweiligen Behausung liegen – und werden von den Vögeln gefressen. So schrumpft einerseits ein gut überwintertes Bienenvolk bspw. von 8.000 bis 10.000 Individuen auf weniger als 5.000 Altbienen im März / April. Dagegen entstehen bei gesunden Völkern neue Bienen aus dem noch kleinen Brutnest, die diesen Rückgang kompensieren müssen. Wenn alles gut läuft und das Wetter mitspielt, können die Völker im März / April schon richtige Pollenvorräte in den Randwaben anlegen, die sie dann in Schlechtwetterperioden verbrauchen. Die Vorratshaltung – nicht nur von Honig, sondern gerade von Eiweiß-haltigem Pollen – ist das A & O der Bienenvölker.

Meistern die Bienenvölker diese Periode gut, können sie zur ersten Massentracht der Weidenblüte im März / April schon substanzielle Nektareinträge machen. Im Plöner Seengebiet blühen zuerst die Kirschpflaumen – weiß und duftend, werden sie oft auch als wilde Mirabellen bezeichnet. Diese und die Weidenblüten liefern Pollen und bei Temperaturen bis 15 °C in der Sonne schon Nektar. Dieser Nektar ist dünnflüssig, schmeckt süß und wird von den Bienenvölkern als sog. Aufbautracht genutzt, d.h., sie benötigen ihn als Futter für sich und die Brut. Das Brutnest, im Februar / März noch auf einer Wabe, wächst jetzt zunehmend, weil die Königin immer mehr Eier legen kann. Das alles hängt jedoch vom Wetter und damit von der jeweiligen Blütenverfügbarkeit ab. So blühen teilweise in der Reihenfolge und / oder überlappend hier Kirschpflaume, Weiden, Schlehen bzw. Schwarzdorn (März – April), Feld- und Spitzahorn, Kirschen, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Birnen,  Äpfel und dann der Raps (April – Mai). Mit Massentrachten von Kirschen, Obst und Raps beginnt das Frühjahr für die Völker. Das Brutnest dehnt sich jetzt über 4 bis 6 Waben aus, d.h. bei den von mir genutztem Format Dadant schlüpfen binnen den nächsten 2 bis 3 Wochen 30 bis 40.000 neue Bienen. Mit dieser Dynamik ist die o.g. Herausforderung der absterbenden Altbienen mehr als kompensiert – die Völker wachsen rasant. Das müssen sie auch, um die kommenden Sammelmöglichkeiten auch gut zu nutzen: Raps- und Obstblüte, Lorbeerkirschen, Wildsträucher wie Pfaffenhütchen, Weißdorn und abschließend zur Frühtracht Robinienblüten.

Die Völker beginnen die jährliche Geschlechtsreife mit der Anlage von Drohnenbrut – hier meist Mitte April. Wenn die ersten Drohnenzellen sichtbar werden (besser schon etwas früher), wird der sog. Baurahmen eingesetzt. Dieses Rähmchen enthält nur einen kurzen Wachsstreifen am oberen Rand, den die Bienen dann willig mit großformatigen Zellen ausbauen. Die Königin „misst die Zellgröße“ und legt unbefruchtete Eier in diese Zellen. Daraus entstehen dann Drohnen – die genetisch identischen Söhne der Königin (Klone). Damit tragen sie die Genetik der Königin zur Begattung von Jungköniginnen weiter – ein wichtiger Faktor für die Zucht! 

Ein gutes Volk „leistet sich“ bis Ende April einen vollen Drohnenrahmen mit ca. 8.500 Brutzellen. Drohnen bedürfen einer besonderen Pflege – sie sind größer als Arbeiterinnen, müssen länger gefüttert werden bevor deren Brutzellen verdeckelt werden und schlüpfen erst nach 23 Tagen ab Eilage. Hier investiert das Volk richtig viel Energie, um die eigene Genetik ins Rennen zu schicken.

Mit vollständiger Bebrütung des Bau- oder Drohnenrahmens ist das Volk fast geschlechtsreif bzw. „erwachsen geworden“. Komplettiert wird diese Entwicklung mit der Anlage von Königinnenzellen – sog. Weiselzellen. Diese tropfenförmigen Gebilde am Rand des Brutnests zeigen an, dass jetzt Vermehrung angesagt ist – die Schwarmzeit. Ein gesundes Bienenvolk will schwärmen, um sich zu teilen und zu vermehren. Dieser Prozess ist recht komplex und wird in einem separaten Beitrag behandelt. Züchterisch ist in den letzten Jahrzehnten viel passiert und es gibt Königinnenlinien, die zwar anzeigen, dass sie schwärmen wollen, dies dann aber letztlich nicht tun. Das Problem – man weiß es vorher nicht, ob sie oder ob sie nicht… – das macht die Sache in jedem Frühjahr so spannend.

Mit dieser geschilderten Entwicklung der Bienenvölker geht einher, dass sie quasi ab Mitte bis Ende April Nektar eintragen. Dem Umstand muss Rechnung getragen werden, in dem gut entwickelte Völker den ersten Honigraum über einem Absperrgitter erhalten. Das Absperrgitter dient dazu, die Königin vom Honigraum fernzuhalten, damit sie dort keine Eier legt und der Platz ausschließlich für Nektar und Honig bereit steht. Die Dadant-Betriebsweise sieht vor, dass die Bienen im sog. Brutraum ausschließlich Brut, Pollen und ein wenig Futter anlegen. Man kann anhand der Zellen pro Brutrahmen und der Eilagerate der Königin ausrechnen, wieviel Platz / Brutrahmen das Volk benötigt und diesen Platz mittels einer Begrenzung – dem sog. Schied – genau austarieren:

Legt die Königin bspw. pro Tag 2.000 Eier mit einer Entwicklungszeit vom Ei zur fertigen Biene von 21 Tagen, dann benötigt sie 21 * 2.000 = 42.000 freie Zellen, in welche die Eiablage erfolgt. Bei einer legefreudigeren Königin, die z.B. 2.500 Eier täglich absetzt, benötigt man 21 * 2.500 = 52.500 freie Zellen. Das Ganze ist natürlich ein dynamisches Geschehen, d.h., täglich werden x Zellen durch Schlupf von Bienen frei, werden von den Ammenbienen geputzt und können erneut von der Königin bestiftet werden. Mit der verlängerten Entwicklungszeit der Drohnen von 23 statt 21 Tagen wird es etwas komplizierter, jedoch in guter Näherung reichen rd. 50.000 Zellen plus Drohnenrahmen völlig aus. Mit ca. 8.500 Zellen pro Brutwabe kommt man dann auf ca. 6 Brutrahmen plus den Drohnenrahmen vor das Begrenzungsbrett, dem Schied. Hinter dem Schied ist noch immer Platz für weitere Rähmchen, jedoch bleibt dieser leer und die Bienen nutzen diesen nur als Aufenthaltsort für die Flugbienen des nachts.

Diese Betrachtung ist keine theoretische Spielerei, sondern eine Basis für ein ausgewogenes Gleichgewicht im Brutnest, das eine gute Königin beherrschen kann: Es stehen immer freie Zellen für die Eiablage zur Verfügung und können bestiftet werden. Fehlen diese, entsteht ein Ungleichgewicht, das Schwärmen begünstigt.

Man könnte nun annehmen, dass man halt eine oder zwei Brutwaben mehr im Brutnest zur Verfügung stellt und alles ist in bester Ordnung. Dem ist aber nur bedingt so: Haben die Bienen zuviele freie Zellen zur Vefügung, welche die Königin nicht mit Eiern belegen kann, wird bei guter Tracht im Mai sofort Nektar und Pollen eingelagert. Dies führt dann dazu, dass die Königin immer weniger freie Zellen findet, weil die Bienen schon bevor sie ein Ei legen kann, diese freien Zellen mit Futter füllen (es kommt ja genügend rein). Die o.g. Situation tritt dann genauso ein – zu wenig freie Zellen, es entsteht ein Ungleichgewicht und es kann zum Schwärmen kommen – muss aber nicht.

So halten bspw. viele Imker/innen ihre Bienen in sog. Segeberger Beuten auf dem sog. Deutsch-Normalmaß. Diese Betriebsweise sieht vor, dass die Völker auf 2 Zargen mit jeweils 11 Rahmen sitzen. Diese 22 Rahmen mit jeweils 5.600 Zellen bieten deutlich mehr Platz als eine Königin jemals belegen kann. Die restlichen Zellen sind dann mit Pollen und Nektar gefüllt. Ob es dann zur Einschnürung des Brutnests durch einen Überschuss an Futter kommt, hängt von der jeweiligen Genetik der Königin ab – einige Völker tragen des nachts den Nektar in den Honigraum, andere neigen zu vermehrtem Schwärmen. In dieser statischen Betriebsweise lässt sich eine Anpassung an die Legetätigkeit der jeweiligen Königin eher schlecht realisieren. Dort müssen die Bienen es selbst machen.

Fazit – man benötigt für jede Königin eine exakt ausbalancierte Brutnestgröße, um deren Legetätigkeit zu entsprechen. Hat man dieses Gleichgewicht erreicht, kommt es eher nicht zum Schwärmen der Völker. Die Dadant-Betriebsweise räumt dem Imker so die Möglichkeit ein, den Brutraum anzupassen und zusätzlich für Platz im Honigraum zu sorgen, indem weitere Zargen aufgesetzt werden. Damit hat man zwei „Stellschrauben“ dem Schwarmgeschehen entgegen zu wirken.

Oft wird kritisiert, dass eine solche Betriebsweise mit dem variablen Brutnest zum sog. Pressen der Brutnester führe und die Bienen sich nicht entfalten könnten. In natürlich vorkommenden Völkern varriiert ja auch keiner das Brutnest. Das ist korrekt, jedoch schwärmen natürlich vorkommende Honigbienenvölker viel häufiger als solche in einer gut angepassten Dadantbetriebsweise. Zudem macht die o.g. Rechnung deutlich, dass es ein jeweiliges Optimum gibt, welches die Dynamik und Entwicklung eines Volkes berücksichtigt. So habe ich bspw. Völker, die im Mai / Juni auf 5 Brutwaben plus Drohnenrahmen sitzen, andere auf 6 plus Drohnenrahmen und seltener solche mit 7 Brutwaben plus Drohnenrahmen. Letztere sind Ausnahmen!

Das Brutnest wird nach der Einstellung des Gleichgewichts nicht mehr verändert, d.h., bis zum Juli erfolgt keine Entnahme oder Zugabe von Brutrahmen. Das Resultat ist eine sehr geringe Schwarmrate – in vielen Jahren gar keine, in schwarmbegünstigenden Jahren 5 bis 10 % aller Völker. Es geht dabei weniger um den Verlust an Sammelleistung durch die abgeschwärmten Bienen, sondern um die Not, in welche Schwärme durch fehlende Betreuung geraten können: Aufgrund der fehlenden imkerlichen Betreuung kommen solche Schwärme noch als Volk über einen Winter, wenn die Behausung stimmt. Danach entwickeln sich in diesen Einheiten jedoch so stark Varroamilben aufgrund der fehlenden Behandlung, dass die Völker im Folgejahr eingehen. Das möchte man seinen Bienen ersparen!

Kategorien: Honig