Der Parasit Varroa destructor ist eine Belastung für alle Honigbienen weltweit, bis auf einige wenige Regionen, die das Eindringen verhindern konnten. In den 1970er Jahren wanderte „die Milbe“ aus Südostasien nach Europa ein – eine Folge von Bienenlieferungen, aber auch aus dem Transport für wissenschaftliche Zwecke.

Dieser Parasit befällt in SO-Asien die dort heimische Biene Apis cerana, die jedoch eine Wirt / Parasit Gleichgewichtsbeziehung gefunden hat. Der Lebenszyklus der Milbe beginnt mit der Einwanderung einer Muttermilbe in die Brutzellen, kurz vor deren Verdeckelung. Das „Signal“ dafür gibt die Bienenlarve selbst ab – der Juvenilhormonspiegel steigt sprunghaft an. Die Ammenbienen erkennen daran, dass die Zelle verdeckelt werden muss und die Milben erkennen, dass sie in die Zelle einwandern müssen, um sich zu vermehren. Nach der Verdeckelung der Brutzelle dauert es i.d.R. 12 Tage, bis die fertige Biene schlüpft. Der Milbe steht also diese Zeit zur ungestörten Reproduktion zur Verfügung!

Bei der Apis cerana wird überwiegend die Drohnenbrut von den Milben befallen, während die Arbeiterinnenbrut nahezu komplett verschont bleibt. Unsere Honigbiene Apis mellifera weist diesen Unterschied nicht auf, d.h., die Milbe befällt sowohl Drohnen- als auch Arbeiterinnenbrut, was durch die Menge des o.g. Juvenilhormon Signals getriggert wird. Es ist bei Drohnen- und Arbeiterinnenlarven unserer Honigbienen ähnlich stark, dagegen bei Apis cerana ist es bei der Drohnenbrut deutlich höher als bei der Arbeiterinnenbrut. Das macht die Sache für die westliche Honigbiene so gefährlich; denn der wesentlich größere Volksteil der Arbeiterinnen wird geschädigt.

In der verdeckelten Zelle ernährt sich die Muttermilbe vom Futtersaft, später von der Larve / Puppe. Die Milbe legt als erstes ein Ei, aus dem ein Männchen schlüpft (haploide Reduktion). Später legt sie weitere Eier, aus denen jew. Weibchen schlüpfen. Das Männchen begattet seine Schwestern und verstirbt später. Beim Schlupf der (geschwächten) Biene entweichen auch die Milben aus der Zelle – die Muttermilbe schlüpft erneut in eine Zelle, die kurz vor der Verdeckelung steht, die 2 bis 3 begatteten Tochtermilben suchen sich eine Biene, an der sie sich festklammern und sich vom Eiweiß-/Fettkörper der Bienen im Abdomen ernähren. Dazu müssen sie den Chitinpanzer der Bienen durchlöchern, um an die Nahrung zu kommen.

Diese sog. phoretische Phase dauert ca. 7 – 9 Tage, dann sind die Tochtermilben geschlechtsreif und wandern ebenfalls in Brutzellen der Bienen ein. Die Vermehrung der Milben erfolgt Anfang des Jahres naturgemäß recht langsam – die Bienen brüten den Milben sozusagen davon. Im Laufe des Sommers jedoch, kehrt sich die Dynamik um – die Bienen reduzieren das Brutgeschäft ab Ende Juni, die Milben erhöhen die Reproduktionsrate durch immer mehr Muttermilben im Volk. Zudem übertragen sie beim Parasitieren der Bienen Viren, welche zusätzlich die Bienen schädigen (z.B. Bienenparalysevirus oder Flügeldeformationsvirus). 

Um diesen tödlichen Kreislauf zu unterbrechen, muss der Imker spätestens nach der letzten Honigernte im Sommer eingreifen und eine sog. Milbenbehandlung durchführen. Dazu werden überwiegend org. Säuren wie Ameisensäure, Milchsäure oder Oxalsäure verwendet. Es gibt auch synthetische chemische Mittel, die sich aber aufgrund ihres lipophilen Charakters (fettähnliche Eigenschaften) im Bienenwachs anreichern, was man vermeiden möchte. Die o.g. Säuren tun das nicht, da sie hydrophil (wasserähnlich) sind. Sie werden über geeignete Behandlungsmethoden in die Völker wohldosiert eingebracht, so dass die Milben möglichst stark geschädigt werden, die Bienen jedoch möglichst wenig davon abbekommen. Das ist eine Gratwanderung, die nicht immer gelingt! Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung gegen die Varroamilbe in Bienenvölkern ist deren Brutfreiheit, um alle Milben zu erreichen. 

Für die Behandlung mit den o.g. organischen Säuren gibt es im Prinzip zwei Optionen:

  • direkter Kontakt der Säure mit den Bienen und Milben (Besprühen, Beträufeln)
  • Verdampfung der Säuren und Kontakt der Bienen und Milben über die Gasphase

Das erstgenannte Behandlungsprinzip wirkt sehr gut, ist aber im Falle der Sprühbehandlung sehr aufwändig; denn man muss jede bienenbesetzte Wabe ziehen und diese beidseitig (!) besprühen. Je nach Witterung und Temperatur kann das sowohl für die Bienen als auch für den Imker sehr unangenehm sein (Winterbehandlung). Für die Sprühbehandlung wird vorzugsweise Oxalsäurelösung empfohlen. Milchsäure hat eine weniger gute Wirkung, da sie eine bedeutend geringere Säurewirkung hat als die Oxalsäure. Somit muss Milchsäure mehrfach angewendet werden, um eine ausreichende Wirkung zu erzielen. Eine gute Wirkung hat die Sprühbehandlung mit sog. Kunstschwärmen, d.s. Bienen in schwarmähnlicher Traube, ohne Waben. Man erstellt solche Kunstschwärme z.B. für die Ablegerbildung und zum Einweiseln von Königinnen. Das ist dann auch der richtige Moment zur Varroabehandlung (im Sommer).

Träufelbehandlung funktioniert dort, wo die Bienen sehr eng beisammen sitzen, z.B. in der Wintertraube. Hier kommt auschließlich Oxalsäurelösung zum Einsatz. Vielfach enthält diese zur besseren Haftung Saccharose (Rohrzucker), was zur oralen Aufnahme durch die Bienen führt (die Lösung ist ja süß!) und damit ggf. zu Verätzungen des Gastrointestinaltrakts der Winterbienen. Zur Vermeidung dessen, verzichtet man auf den Zuckezusatz, nimmt die schlechtere Haftung in Kauf und behandelt nur in der sog. Wintertraube. Im Dezember sitzen die Bienen vorzugsweise in einer kugelähnlichen Struktur zwischen den Waben, um sich zu wärmen. Zudem haben sie keine Brut mehr. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass eine Varroabehandlung erfolgreich sein soll – ob Sommer oder Winter! Denn eine kontaktbedingte Verteilung – ob gesprüht, geträufelt oder verdampft – setzt immer voraus, dass keine verdeckelte Brut vorhanden ist und die Milben nur auf den Bienen sitzen. 

Diese Voraussetzung gilt auch für die zweite Behandlungsoption – das Verdunsten, Verdampfen, Sublimieren. Dazu eigenen sich Ameisensäure und Oxalsäure.  Ameisensäure wird als 60 %ige Lösung in spezifischen Verdunstern eingesetzt, im einfachsten Fall auf ein Schwammtuch aufgeträufelt. Durch die Stockwärme verdunstet die Ameisensäure und die Stockluft ist quasi mit dem Ameisensäuredampf gesättigt. Es wird zwar behauptet, dass durch die Atemöffnungen der Zelldeckel Ameisensäuredampf auch die Brut erreicht, jedoch muss man zweifeln, dass dort im Futtersaft, welcher viel Eiweiß enthält, welches die Säurewirkung abmildert, die geringe Ameisensäurekonzentration ihre Wirkung auf vorhandene Milben ausüben kann. Besser ist auf jeden Fall eine Behandlung bei Brutfreiheit. Dies ist mit Ameisensäure nur im Sommer möglich, da bestimmte Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung gegeben sein müssen:

  • Außentemperatur 18 – 28 °C
  • rel. Luftfeuchte möglichst niedrig (< 60 %)
  • Abdeckung eines gesamten Verdeckelungszyklus bei Anwesenheit von Brut (12 Tage bis zum Schlupf der Arbeiterinnenbiene)

Ameisensäuredämpfe sind ätzend auch für die Atemöffnungen (Tracheen) der Bienen. Diese sind zwar durch ein Haarkleid geschützt, jedoch dringt gasförmiger Ameisensäuredampf durch und kann die Tracheen verletzen. Sehr junge und geschwächte alte Bienen werden dadurch geschädigt (Totenfall vor dem Flugloch). Darum hat man Langzeitverdampfer entwickelt, die – gesteuert über einen sog. Docht mit definierter Größe – die Ameisensäuredämpfe lange, aber in geringerer Dosierung abgeben. Bei dieser Behandlungsweise räumen die Bienen oftmals die offene Brut aus und die Königin stellt das Legen ein. Somit erreicht man eine brutfreie Phase von z.B. 1 bis 2 Wochen. 

Nachteile der Ameisensäurebehandlung sind im Wesentlichen

  • Abhängigkeit von äußeren Bedingungen (Außentemperatur und Wasserdampfpartialdruck*, d.h. der relativen Luftfeuchte), die sich im Sommer schnell ändern können (Unwetter, Regenphasen, kühle und nasse Tage)
  • daraus folgen Fehldosierungen, die man nicht absehen und überprüfen kann
  • Schädigung von Jung- und Altbienen, manchmal der Königinnen
  • Beeinträchtigung der Brutzyklen (Ausräumen und Legestop der Königin)
  • Umgang mit ätzender Flüssigkeit – Schutzmaßnahmen, Einatmen der Ameisensäuredämpfe ist generell schädlich

* Der Partialdruck, also Teildruck eines flüchtigen Stoffes hängt von der Temperatur, vom äußeren Luftdruck und von weiteren flüchtigen Stoffen ab. Ist bspw. die Luft mit Wasserdampf gesättigt, verdampft kaum oder gar kein anderer Stoff mehr, weil die Aufnahmekapazität der Luft vollständig durch Wasser beansprucht wird. Dieser Umstand führt zur größten Unwägbarkeit bei der Ameisensäureverdampfung. Man versucht dies zu umgehen, in dem man entweder schnell verdampft (24 Stunden, mit den o.g. Schäden an Bienen) oder eine Langzeitbehandlung über 1 bis 2 Wochen macht. In dem Zeitraum werden Schwankungen weitgehend ausgeglichen.

Eine andere Methode, die Oxalsäuresublimation, die in Deutschland zurzeit noch nicht zugelassen ist, führt zu eindeutigeren positiven Ergebnissen. In den umliegenden Ländern ist die Applikationsmethode zugelassen und wird dort von der Imkerschaft breit und erfolgreich angewendet. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  •  exakte Dosierung ist möglich
  • diese Methode kann unabhängig von den äußeren Bedingungen erfolgreich angewendet werden 
  • bedeutend schonender für die Bienen (keine Tracheenverletzung, weil das Haarkleid diese Öffnungen gegenüber Staub schützt)
  • Keine Beeinträchtigung des Brutgeschehens, keine Könginnenverluste
  • stärkere Wirksamkeit infolge höherer Säurewirkung (pK-Wert) und -konzentration vor Ort
  • Schnelle, einfache Applikation möglich.

Die wichtige Voraussetzung – Brutfreiheit ist im Winter üblicherweise um den Termin der Wintersonnenwende gegeben. Im Sommer dagegen, muss man Brutfreiheit künstlich herbeiführen – durch sog. totale Brutentnahme. Diese Maßnahme hat zwei Effekte:

  1. Alle Milben in der verdeckelten Brut werden mit der Brutentnahme aus den Völkern entfernt
  2. Die Altwaben werden durch neue Mittelwände oder Naturbau ersetzt. Die Bienen bauen sich ein komplett neues Brutnest auf, was sich günstig auf die Hygiene auswirkt.

Die Völker bauen unter Fütterung oder noch vorhandenen guten Trachtbedingungen innerhalb von ca. 2 Wochen ein komplett neues Brutnest auf. Restliche Milben, die z.B. in der phoretischen Phase auf den Bienen sitzen, werden mit einer einmaligen Stoßbehandlung mittels Oxalsäure sprühen oder Ameisensäure Schnellbehandlung (Schwammtuch Applikation) abgetötet, so dass quasi ein „Reset“ erfolgt und die Völker nahezu milbenfrei in den Spätsommer gehen. Wenn eine derartige Behandlung effizient erfolgt, hat man im Winter relativ wenige Milben in den Vökern, was von großem Vorteil ist und zu regelmäßigen guten Überwinterungserfolgen führt.

Eine andere Möglichkeit ist die sog. Brutpause im Sommer. Um dies zu erreichen, werden die Königinnen in den Völkern gesucht und in einem Käfig separiert. Dieser kann klein sein und in einer Wabe positioniert oder ein Abteil in der Brutzarge sein, das man per Absperrgitter erzeugt oder eine sog. Bannwabentasche. Die Königin muss Gelegenheit haben, auch weiterhin ihre Eier abzulegen, sonst kann sie Schaden nehmen. Bei mir wird in das Absperrabteil eine Großwabe eingesetzt, auf der sie bis zu 8.500 Zellen bestiften kann. Nach 11 Tagen wird die Wabe gewechselt, so dass erneut freie Zellen verfügbar sind. Man erreicht damit, dass einerseits die Brut außerhalb des Käfigs ausläuft und keine mehr nachkommt und zusätzlich die aufsitzenden (phoretischen) Milben nur in die gekäfigte Wabe mit Königin und offener Brut absteigen kann. Damit wird diese Wabe zur Fangwabe, in die sich die Milben bewegen; denn es gibt ja keine andere offene Brut im Brutraum.

Das Verfahren befindet sich derzeit im Test. Sollte es funktionieren, könnte man ggf. auf Behandlungen mit org. Säuren verzichten, dies in Verbindung mit besonderer Genetik der Bienen, die Milben erkennen und diese Brut entfernen können. Diese beiden Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit die Völker in einer Ko-existenz mit der Varroamilbe existieren können. Ich werde weiter dazu berichten.