Man liest und hört viel über „das Bienensterben“. In dem Zusammenhang taucht immer wieder „die Varroa Milbe“ auf. Hintergrund ist die Ausbreitung einer Milbenart – Varroa destructor (ehemals V. jacobsonii) seit den 1970er Jahren von Südostasien über die gesamte Welt. V. destructor – kurz Varroa – gehört aktuell zu den wesentlichen Belastungsfaktoren für die Honigbienen, nicht nur in Deutschland, Europa, sondern in aller Welt bis auf einige wenige Gebiete wie z.B. Australien. Spricht man mit älteren Imkern, die noch die Bienenhaltung ohne Varroa kennen, hören sich deren Erzählungen ganz entspannt an. Heute muss ein Imker viel Zeit und Arbeit über das gesamte Jahr investieren, um den Milbenbefall der Bienen in den erforderlichen Grenzen zu halten und den Völkern das Überleben zu sichern. Ich möchte einen Einblick in diese Imkerarbeit geben, die nichts direkt mit der Honiggewinnung zu tun hat und um dieses „Beiwerk“ näher zu bringen bzw. den „Arbeiten“ mit und an der Biene zu verdeutlichen.

Was hat es mit der Milbe auf sich und wie kam es dazu ?

Historisches, Lebenszyklus, Verbreitung

Es gibt viele Geschichten zur Verbreitung der Varroamilbe; einiges ist wahr und einiges ist Mysterium. Ursprung von Varroa ist der südostasiatische Raum. Dort sind Bienen der Art Apis cerana heimisch. Diese bauen kleine Völker auf, die bei günstiger Gelegenheit schwärmen, sich so vermehren und quasi Krankheiten abschütteln (zurücklassen). Die Honigstapelung dieser Völker ist nur soweit ausgeprägt, dass die Völker sich ausreichend entwickeln und jederzeit wieder schwärmen können. Zudem muss keine Überwinterung erfolgen.

V. destructor ist auf dieser Biene heimisch, d.h., die Biene als Wirt und die Milbe als Parasit haben einen Modus der Ko-Existenz gefunden, der beiden das Überleben sichert. Näheres dazu für Interessierte findet man in dieser älteren Publikation.

J. Insect Physiology, Vol 32, No. 9, page 791 – 798, 1986

Heinz Hänel and Nikolaus Königer

Possible Regulation of the Reproduction of the Honey Bee Mite Varroa jacobsonii (Mesostigmata Acari) by a Host’s Hormone: Juvenile Hormone III

Kurz gefasst, wurde seinerzeit herausgefunden, dass Varroa in diesen Völkern im wesentlichen die Drohnenbrut befällt, während die Arbeiterinnenbrut nur sporadisch befallen ist. Wie kommt das ?  Wenn die jeweilige Larve an das Stadium zur Verpuppung kommt, gibt sie ein Hormonsignal an die Pflegebienen ab. Dieses Signal besteht aus dem o.g. Juvenil Hormon, Typ III. Dies verstehen die Ammenbienen und verdeckeln die jeweilige Zelle mit Wachs, damit sich die Bienen in Ruhe weiter entwickeln können. Das Signal versteht aber auch die Milbe und wandert in die noch offene Zelle ein, so dass sie sich innerhalb der geschlossenen Zelle ungestört vermehren kann. Ergebnis der o.g. Forschung ist, dass dieses Hormonsignal bei Arbeiterinnen- und Drohnenlarven unterschiedlich stark ist. Die Drohnenlarve gibt ein deutlich stärkeres Signal ab als die Arbeiterinnenlarve. Dies registriert die Milbe und wandert bevorzugt in die Drohnenbrut ein.

Der Lebenszyklus von V. destructor ist typisch für Parasiten: Eine Muttermilbe wandert Signal-gesteuert in die Brutzelle vor deren Verdeckelung ein. Dort ernährt sie sich von der Larve/Puppe. Während des Entwicklungszeitraums der Biene legt die Muttermilbe Eier – das erste Ei bringt ein Männchen hervor, die nächsten zwei bis drei Eier jew. Weibchen. Das Männchen ist schnell geschlechtsreif und begattet noch in der verdeckelten Zelle seine Schwestern. Danach verstirbt es. Über den Zeitraum von 12 Tagen schlüpfen mit der Jungbiene, die durch die Parasitierung geschwächt ist, die Muttermilbe und 1 bis 3 Tochtermilben. Erstere befällt erneut eine Brutzelle, letztere befallen Bienen und ernähren sich von diesen über 5 bis 6 Tage. Man nennt diese Phase phoretisch, weil die Milben von den Bienen getragen werden (griech.: phorein = tragen). In dieser Zeit sitzen die Milben vornehmlich zwischen den Brauchschuppen der Bienen, wo sie an den Fettkörper der Bienen über Löcher in der dort vorhandenen Membran kommen und sich von diesem ernähren. Nach dieser „Tragephase“ befallen die Milben Brutzellen mit Bienenlarven nach dem o.g. Schema und vermehren sich dort (reproduktive Phase).

Im Zuge von Bienenexporten aber auch durch natürliche Wanderungen von Bienen kam es zur Verbreitung der Varroamilben, z.B. über Ostsibirien (Primorje-Region) nach Russland. Jedoch wurden auch Bienen und Milben zu Forschungszwecken verbreitet und letztlich erfolgte die Verbreitung der Milben über Bienenexporte aus südlichen Ländern in andere Regionen. Ähnlich wie bei der aktuellen Covid-19 Pandemie lassen sich die exakten Wege und deren Anteile am Geschehen nicht mehr nachvollziehen.

Der wesentliche Unterschied

Im Gegensatz zur östlichen Honigbiene, Apis cerana, findet sich bei der hier heimischen Apis mellifera kaum ein Unterschied zwischen der Intensität des Hormonsignals aus den Larven der Arbeiterinnen und den Drohnen. Dies hat zur Folge, dass die Varroa beide Larventypen mit ähnlicher Wahrscheinlichkeit befällt. Der in Imkerkreisen immer wieder betonte stärkere Befall der Drohnenbrut, wie bei Apis cerana ist der Tatsache geschuldet, dass die Entwicklungszeit der Drohnen drei Tage länger benötigt im Vergleich zu den Arbeiterinnen (24 Tg. versus 21 Tg.). Durch diese längere Verdeckelungszeit haben die eingewanderten Milben mehr Zeit, für die Entwicklung ihres Nachwuchs‘. So schlüpfen aus einer Drohnenzelle i.d.R. mehr Milben als aus einer Arbeiterinnenzelle.

Aus diesem kleinen Unterschied erwächst sich  das gesamte Problem für die westliche Honigbiene. Infolge der Entwicklung der Milben einerseits in einer geschlossenen Zelle und andererseits deren Reifung über Tage, geschützt zwischen den Bauchschuppen des Bienenhinterleibs, lässt sich die Varroamilbe nur schlecht im Zaum halten.

Wo befinden sich die Varroamilben und was machen sie ?

Die Antwort auf diese einfache Frage ist nicht einfach! Im Frühjahr, wenn sich das Bienenvolk stark vermehrt, sitzen die (wenigen) Milben überwiegend in den verdeckelten Brutzellen, um sich zu vermehren. „Hier brütet der Bien dem Milb davon“, sagen die Experten. Es entstehen pro Zeiteinheit mehr Jungbienen als Varroamilben – somit wird das Problem durch das starke Volkswachstum kompensiert.

Im Sommer, wenn die Völker i.d.R. stark besetzt sind (30 bis 50.000 Bienen / Volk), fallen die Milben ebenso wenig auf. Auch hier sitzen sie überwiegend zur Vermehrung in der verdeckelten Bienenbrut. Parasitierung von 1 bis 5 % der Zellen sind hier die Regel. Parasitierung heißt, die Milben saugen an den Larven und Bienenpuppen, sie saugen in der phoretischen Phase an den fertigen Bienen und nehmen ihnen die Lebenskraft.

Im Spätsommer, nach der Sommersonnenwende, reduzieren die Bienen ihr Brutgeschäft im Hinblick auf den nahenden Winter. Der Varroabefall steigt einerseits durch die vorangegangene ungestörte Vermehrungsphase im wohlversorgten Bienenvolk – > 5 % Zellbefall mit Milben sind dann möglich. Andererseits steigt rein statistisch der Befall pro Brutzelle immens an. Ein so befallenes Volk verliert damit sehr viele geschwächte Winterbienen, welche für die notwendige Wärme und Futterlogistik im Bienenstock sorgen sollten. Hier wird das Problem offensichtlich. Die Völker werden schwächer in einer Phase, wo sie ohnehin eine abnehmende Populationsentwicklung haben. Einzelne Bienen können ihrem Tagesgeschäft (Pollen- und Wasserversorgung, Brutaufzucht) nicht mehr nachkommen.

Im Herbst, schlussendlich, tritt das Problem vollends zutage, indem die Völker so beeinträchtigt sind, dass eine Biene nach der anderen den Stock verlässt, um außerhalb geschwächt zu sterben und die Schwestern nicht zu gefährden. Am Ende steht der Bienenstock im November mit vollen Futterwaben ohne Bienen da – alles weg! Nur ein kleines Häufchen Bienen und die Königin sind auf den Waben erfroren. Ein sehr trauriges Ende !

Wie kann man den Bienen helfen ?

Schnell wurden in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts Mittel gegen Milben entwickelt, die den Befall reduzieren (sog. Akarizide). Diese wirken gut, haben aber den Nachteil, dass sie fettlöslich sind und sich im Wachs anreichern. Honig ist eher nicht belastet, da er einerseits kein Fett enthält und andererseits die Behandlungen grundsätzlich nach der letzten Honigernte erfolgen.

Alternativ wurde entdeckt, dass bestimmte einfache organische Säuren ebenso wirksam sind: Milchsäure, Ameisensäure und Oxalsäure. Das Wirkprinzip basiert auf dem Kontakt der Milben mit diesen Säuren. Infolgedessen nehmen die Milben die Säure in sich auf, werden innerlich geschädigt und versterben. Die Bienen reagieren unterschiedlich auf die jeweilige Substanz und deren Applikationsart:

  •  Milchsäure wird gesprüht und benetzt die Bienen direkt. Dazu muss man jede Wabe einzeln von beiden Seiten behandeln. Aufgrund ihrer relativ schwachen Säurestärke muss Milchsäure doppelt im Abstand von Tagen angewendet werden – sehr aufwändig. Der Sprühvorgang gewährleistet nur selten die richtige Dosierung.
  • Ameisensäure wird auf geeignete Träger appliziert und verdunstet und der Dampf verteilt sich optimal im Bienenstock, mithin kommt er überall hin. Die Konzentration ist jedoch abhängig von der aktuellen Temperatur und Luftfeuchte, die man nicht regulieren kann. So kommt es zu Fehldosierungen aufgrund schwankender Luftfeuchte.
  • Oxalsäure wird als Lösung gesprüht, geträufelt oder sublimiert. Beim Sprühen (einmalig) hat man das gleiche Problem wie bei Milchsäure; Träufeln geht nur im Winter gut, wenn die Bienen zur engen Traube zusammengezogen sind. Es darf nur einmalig erfolgen, weil sonst die Bienen stark geschädigt werden. Die beste Anwendung – hinsichtlich Applikationspraxis, Wirksamkeit auf die Varroamilbe und Schonung der Bienen – ist die Sublimation von Oxalsäure, die direkte Verdampfung aus dem Feststoff – bildet feinste Staubpartikel, die im Bienenstock gut verteilt werden. Diese Applikation ist in der EU und der Schweiz als Tierarzneimittel zugelassen, mit Ausnahme in Deutschland.

Der Vorteil bei der Anwendung org. Säuren ist deren Unlöslichkeit in fettigen Materialien, so dass keinerlei Rückstände im Wachs verbleiben. Dagegen lösen sich diese Substanzen im Bienenfutter, also auch im Honig. Aufgrund der allgemeinen Arbeitsweise, die Varroabehandlung grundsätzlich nach der letzten Honigernte durchzuführen, kommt es hier nicht zu dessen Kontamination.

Nachteilig ist die Säurewirkung und damit der erforderliche Arbeitsschutz für den Anwender (Schutzbrille, Gummihandschuhe, FFP 3-Maske). Beim Sprühen von säurehaltiger Lösung ist die Gefahr des Einatmens gegeben (Maske), beim Träufeln muss der Kontakt mit der Lösung vermieden werden (Gummihandschuhe), beim Sublimieren ist eine Staubmaske und Fernbleiben vom Bienenstock zwingend.

Aus den geschilderten Entwicklungen und Behandlungsverfahren wird deutlich, dass es für eine erfolgreiche Milbenreduktion notwendig ist, die Völker in eine Brutpause zu zwingen oder auf diese zu warten (Sommer, Winter). Nur dann sind die Milben leicht durch die o.g. Behandlungsverfahren erreichbar und können substanziell reduziert werden. Behandlungen – auch mit Ameisensäuredämpfen – von Völkern mit verdeckelter Brut sind deutlich weniger erfolgreich und müssen des Öfteren wiederholt werden, wobei immer nur die Spitze des Milbenbefalls gebrochen wird. Eine substanzielle Reduktion geht nur innerhalb einer Brutpause oder über längere Zeit, so dass alle schlüpfenden Milben abgetötet werden (> 3 Wochen).

Es klingt relativ einfach und man gewinnt den Eindruck – ist alles machbar. Das ist aber nur „die halbe Miete“:

Diagnostik und Behandlung – wie, wann und womit ?

Kein Imker möchte seinen Bienen das zumuten und tut alles, was im Rahmen der Angebote möglich ist, um dieses Geschehen zu unterbrechen. Die heutige Standardbehandlung wird mit org. Säuren vorgenommen. Wenn Völker sehr stark der Varroa ausgesetzt sind oder die Arbeitsabläufe es nicht anders zulassen, werden sie mit Akariziden behandelt. Das muss nicht schlecht sein, wenn der betreffende Imker eine sog. Wachsstrecke pflegt. Das bedeutet, dass die Altwaben routinemäßig eingeschmolzen werden und das so gewonnene Wachs nicht mehr in den imkerlichen Wachskreislauf gelangt, z.B. der Kerzenindustrie zugeführt wird.

Alle Behandlungen erfolgen nach der letzten Honigernte, i.d.R. im Juli / August. Zu diesem Zeitpunkt reduziert sich der Umfang des Bienenbrutnests und die Milbenentwicklung gelangt an ihr Maximum, d.h., die Gefährdung der Bienen ist maximal. Eine Behandlung mit Akariziden erfolgt meist durch Einhängen von Wirkstoff-getränkten Streifen, den die Bienen und Milben beim Belaufen dann aufnehmen. Diese Streifen bleiben über Wochen in den Völkern und wirken sehr gut.

Die Behandlung mit org. Säuren wurde oben beschrieben. Sie ist aufwändiger, macht Arbeit und benötigt Zeit und das richtige „timing“. Wenn die Honigsaison vorbei ist, beginnt für die Imker die Arbeit! Die drei Buchstaben „i.d.R.“ signalisieren Routineabläufe. Oft weichen Völker und deren Milbenbefall von der Regel ab – und hier entsteht die Arbeit! Das bedeutet, eine Behandlung war nicht so erfolgreich, wie vorgesehen – irgendetwas stimmte nicht (Luftfeuchte zu hoch, Eintrag von Milben durch Fremdbienen Zuflug oder Räuberei der eigenen Bienen in anderen Völkern usw.). Man findet dann in den Völkern wieder zu viele Milben – dazu die Beschreibung von Diagnosemöglichkeiten:

Im einfachsten Fall misst man den Varroamilben-Totenfall mittels einer eingeschobenen Diagnoseschublade unter den Gitterboden der Bienenvölker über einen festgelegten Zeitrahmen. Es gibt dazu Faustregeln, wie viele tote Milben pro Tag einer Population von „x Milben im Volk“ entsprechen. Das Verfahren ist recht ungenau, jedoch bei routinemäßiger Anwendung entwickelt man Routine und kann vergleichen. Diese Methode ist für sehr erfahrene Imker geeignet – weniger für Beginner.

Ein genaueres Bild erhält man mit der sog. Auswaschmethode, bei der eine festgelegte Ammenbienenmenge aus dem Bienenvolk entnommen wird und diese mittels Alkohol/Wassergemisch ausgewaschen werden. Die Milben werden so von den Bienen gespült, lassen sich zählen und damit der prozentuale Befall errechnen. Man kann diese Beprobung statt mit Flüssigkeit auch mit Puderzucker durchführen, der die Bienen nicht abtötet. Diese Messung ist jedoch weniger exakt und nicht ganz einfach durchzuführen.

Die beschriebenen Verfahren müssen ab Juli routinemäßig angewendet werden, um den jeweils aktuellen Milbenbefall für die Völker zu ermitteln und entsprechend mit den o.g. Behandlungen entgegenzuwirken.

Die org. Säuren werden über geeignete Verdunster appliziert – s.o.

Die Alternative

„Viel Wege führen nach Rom“…

Unsere heimischen Bienen sind mit einem Parasiten bedroht, der hier nie vorkam. Damit hat man eine invasive Situation in der – ohne Eingriffe der Imker – die Bienenvölker zu über 90 % versterben würden (Forschungsergebnisse dazu sind verfügbar und belegen diese Annahme). Derartige evolutionäre Prozesse dauern sehr, sehr lange, sind aber durchaus erfolgreich; denn die wenigen überlebenden Völker erarbeiten sich offensichtlich Möglichkeiten, mit der Varroamilbe zu ko-existieren. Das mag „natürlich“ sein, läuft aber den imkerlichen Interessen zuwider.

Einen Kompromiss hatten die Heideimker schon lange vor der Varroainvasion erarbeitet, indem sie eine sog. Schwarmimkerei betrieben und die Schwärme einfingen, daraus Jungvölker entwickelten, die dann gemeinsam mit den verbliebenen Altvölkern die Spättracht Heide abernten konnten. Danach wurde alles wieder soweit vereinigt, dass überwinterungsfähige Einheiten entstanden. Dieses Verfahren ist sehr aufwändig und kommt in unserer örtlich und zeitlich dicht gedrängten modernen Welt kaum den Interessen der Imkerei entgegen.

Eine Integration der Bienenbedürfnisse und die imkerlichen Ziele der Honigernte – beides immer in einem Kompromiss realisiert – lässt sich durchführen. Es macht mehr Arbeit, führt aber mit Beharrlichkeit und konsequentem Handeln über Jahre zum Ziel einer nahezu behandlungsarmen Imkerei. In meiner Imkerei wird dieser Ansatz verfolgt:

Er beruht auf der Regel, dass Bienenvölker sich immer wieder erneuern – durch Schwarmbildung und evt. Krankheiten in Form der zurückbleibenden Bienen und der Brut abschütteln. Daraus und aus den Kenntnissen zum Lebenszyklus der Varroamilbe und den Notwendigkeiten einer effizienten Behandlung ergeben sich einige Prinzipien:

  • Schwärmen ohne zu schwärmen
  • kontinuierliche Neubildung von Völkern
  • Sanierung von Brut und Bienen –  Behandlung in Brutpausen
  • Selektion: Genetik, die u.a. mit der Varroamilbe ko-existiert

Diese vier Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen ist das Ziel meiner Imkerei. Der erste Grundsatz genügt dem Schwarmtrieb der Bienen. Diesem kann man, besonders im Frühjahr, nachkommen und den Bienen komplett die gesamte Brut entnehmen. Diese Maßnahme kommt dem Schwarmakt sehr nahe. Die Bienen bauen in der Zeit bester Versorgung (Mai) schnell ein komplett neues Brutnest auf. Das kommt dem zweiten Grundsatz entgegen – das Volk erneuert sich und seine Basis. Das Gros der Varroamilben verbleibt in der entnommenen Brut und kann so separat saniert werden. Das kommt dem dritten Grundsatz entgegen. Dazu wird die Brut außerhalb des Flugkreises positioniert und mit den genannten Mitteln und Verfahren behandelt. Die Bienen schlüpfen und benötigen weniger Pflegebienen zur Temperaturerhaltung, da sie überwiegend versorgt sind (Verpuppung unterhalb der Zelldeckel) und ständig neue Bienen aus der Brut dazukommen. Der Zeitpunkt ist günstig, da parallel zumeist die Königinnenvermehrung betrieben wird. Es werden Jungköniginnen, Töchter von Königinnen, die sich bewährt haben, nachgezogen. So stehen neue Königinnen zur Verfügung, die von ausgelesenen Müttern stammen. Dies trifft den vierten Grundsatz – damit sind alle o.g. Grundsätze erfüllt und es wurden keine Behandlungsmittel eingesetzt.

Während dieser Volkserneuerung lagern die Völker natürlich weniger Honig ein, da sie „Brennstoff“ für den Wabenbau und die komplett neue Brutversorgung benötigen. Die Honigproduktion leidet zugegeben etwas, jedoch ist es mir das wert.

Im Sommer sind derart behandelte Völker mit weniger Varromilben belastet als parallel nicht so behandelte Einheiten. Dennoch sind sie nicht komplett frei von Milben; es kann eine sog. Re-Infektion stattfinden. D.h., infolge von Verflug von Fremdbienen und -Drohnen werden Varroamilben verteilt, ebenso durch gegenseitiges Beräubern. Es gibt Jahre, da finden sich im August erneut viele Milben in den Völkern, seltener in den Jungvölkern. Aufgrund des hohen Brutumsatzes über den Sommer sind die Bedingungen für die wenigen verbliebenen Milben optimal gewesen und sie haben ihren Job gemacht. Hier werden erneut die o.g. Grundsätze bemüht und es wird bei den betroffenen Völkern gezielt Brutfreiheit erzeugt.

Aufgrund der fortgeschrittenen Saison und dem Bestreben der Bienenvölker, sich ab der Sommersonnenwende auf den Winter vorzubereiten, wird ein anderes Verfahren genutzt. Dieses erhält die komplette Volksstruktur, auch dessen Basis, das Brutnest und die im dynamischen Prozess angelegte Brut:

Die Königin wird auf einer sog. Bannwabe fixiert, welche durch eine Gitterkonstruktion, durch welche Bienen aber nicht die Königin schlüpfen kann. Sie legt weiter auf dieser abgesperrten Wabe und die Bienen pflegen auch diese Brut. Nach gut 3 Wochen ist die gesamte „ausgesperrte“ übrige Brut geschlüpft und man kann die Königin wieder freilassen. Die Bannwabe wird entnommen und diese gemeinsam von mehreren Völkern in einer neuen Einheit gesammelt. Wir nennen das einen Brutsammler mit einigen verbliebenen Pflegebienen. Diese Brutwaben enthalten sehr viele Milben; denn dorthin haben sie sich mit dem Ziel der Vermehrung geflüchtet. In den so behandelten Völkern ist zwischenzeitlich der letzte Honig geerntet und sie werden gefüttert. Parallel dazu kann jetzt, bevor die neue Brutanlage sich entwickelt, das Volk komplett mit org. Säure in einer Stoßbehandlung behandelt werden. Der Erfolg dieser Behandlungen ist sehr hoch, da die Varroamilben nur noch auf den Bienen sitzen und damit besser zugängig sind.

Die Brutsammler werden analog den im Frühjahr gebildeten Brutsammlern mit org. Säuren behandelt, bis die Brut komplett geschlüpft ist und die Milben nahezu komplett abgetötet sind. Die geschlüpften Bienen werden den Wirtschaftsvölkern hinzugegeben, wodurch sehr starke überwinterungsfähige Einheiten entstehen. Alternativ kann man diese Brutsammler auch eine Königin nachziehen lassen, die kurz vor deren Schlupf durch eine selektierte Nachzuchtkönigin ersetzt wird.

Wichtig in diesem Konzept ist die Könignselektion, über die gewährleistet werden soll, dass eine „shift“ zu Völkern mit immer weniger Milbenbefall und/oder besserer Ko-Existenz zwischen Bienen und Milben dauerhaft vollzogen wird. Natürlich gibt es dabei Rückschläge und Ausfälle, jedoch ist das Ziel klar. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob dieses Ziel durch die Auslese in der eigenen Vermehrung unterstützt wird oder ob ein Zukauf von Königinnen mit entsprechender Genetik dies untermauert. Wesentlich ist die beharrliche Auslese und Beobachtung der Völker.

„Rom wurde nicht an einem Tag erbaut“. 

Nachfolgend beispielhaft eine Statistik zur Winterbehandung im Winter 2018/19 und resultierendem Milbentotenfall (auf dem Bodenschieber täglich ermittelt). Die Völker werfen in unterschiedlicher Dynamik Milben ab. Nach ca. 10 Tagen stabilisiert sich die „Fallrate“ auf niedrigem Niveau (< 4 Milben/Tag).

Dieser „link“ zeigt einen Überblick zum vorgenannten Thema:

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwi-n7Ou1sf0AhX_iv0HHc-_BGQQFnoECAIQAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.cropscience.bayer.com%2Fsites%2Fcropscience%2Ffiles%2Finline-files%2FDie_Varroa_Milbeimlyhf87.pdf&usg=AOvVaw1dMrYVT0JIh__rntRKMsG5